Exkursion „Klimaanpassung in der Metropolregion Nordwest“
Am 7. Oktober 2015 ging InKoKa mit einer Gruppe von 16 Personen auf Exkursion. Startpunkt war Bremen, anschließend führte die Exkursion per Bus nach Ritterhude und Syke. Während der Exkursion schauten sich die Teilnehmer 5 Beispiele für Klimafolgenanpassung in der Wasserwirtschaft an. Fachkundige Experten stellten die Maßnahmen vor Ort vor und gaben Einblicke in die Planung und Umsetzung.




























Bremen: Gesamtkonzept für Messegelände, Hollersee und Torfkanal
Ein Projekt, das sich in der Praxis bereits auf vielfache Weise bewährt hat, ist die Nutzung von Regenwasser für den Torfhafen in Bremen. Vor einigen Jahren wurden mit finanzieller Unterstützung der EU die Wasserwege im Stadtteil Findorff neu gestaltet, um sie besser für die Naherholung und den Tourismus zu nutzen. Diese Chance wurde ergriffen, um gleichzeitig eine intelligente Lösung für die Nutzung des Regenwassers von den Park- und Veranstaltungsflächen auf der Bürgerweide sowie vom Dach der ÖVB-Arena umzusetzen.
Das Wasser wird jetzt zu einem Bodenfilter geleitet und gelangt von dort in den Hollersee vor dem Parkhotel, der als Speicher dient. Anschließend erfolgt die Ableitung in den Torfkanal – eine Lösung, die sowohl die Wasserqualität im See als auch im Kanal deutlich verbessert hat, während das Regenwasser der versiegelten Flächen rund ums Messezentrum elegant entsorgt und gereinigt wird. „Mit diesem Projekt haben wir eine Menge an Synergien geschaffen“, betonte Katrin Behnken vom Senator für Bau, Umwelt und Verkehr bei der Exkursion. „Das Besondere sind hier nicht die einzelnen technischen Bausteine, sondern das Gesamtkonzept, an dem viele Beteiligte zusammengearbeitet haben.“
Eine umfassende Kooperation zwischen unterschiedlichen Behörden führte auch zur Berücksichtigung von Aspekten der Klimaanpassung und Starkregenvorsorge beim nachhaltigen Umbau der Münchener Straße in Bremen, die am 7. Oktober für den Verkehr freigegeben wurde. Eine Reihe von Maßnahmen sorgt nun dafür, dass das Regenwasser bei Niederschlagsereignissen besser bewirtschaftet wird. Bei normalem Regen kann das Niederschlagswasser teilweise versickern, bei Starkregen zum Teil in der Straße zurückgehalten werden. Dafür wurde beispielsweises ein spezielles Pflaster verbaut und die Form der Fahrbahn optimiert. Darüber hinaus wurden junge Feldahorn-Bäume gepflanzt – ihnen wird nachgesagt, dass sie den bevorstehenden Klimawandel besonders gut verkraften werden.
Ritterhude: Großbäckerei installiert Versickerungsanlagen unterm Parkplatz
In Ritterhude, am nördlichen Stadtrand von Bremen gelegen, hat sich der Rat bereits vor zehn Jahren umfassende Gedanken über die Finanzierung von derartigen Maßnahmen gemacht. Im Jahre 2006 wurde eine Niederschlagswassergebühr eingeführt, die noch einen zweiten Zweck erfüllt: Sie soll die Bürger für die Kosten der Entsorgung von Regenwasser sensibilisieren. Die Bewohner haben es nämlich selbst in der Hand, diese Kosten zu reduzieren, indem sie ihre Grundstücke nur sparsam bebauen und stattdessen viel Raum für das Versickern des Wassers lassen.
Die Gemeinde bietet bei der Berechnung der Gebühr daher auch Anreize zum Verzicht auf Versiegelung und Nutzung des Regenwassers. Dennoch sind in den ersten neun Jahren bereits rund 2 Millionen Euro zusammengekommen, die der Rat unter anderem in den Bau neuer Rückhaltebecken investiert hat. „Die Einführung der Niederschlagswassergebühr ist sowohl aus ökonomischer als auch ökologischer Sicht von großer Bedeutung“, erklärte Günter Schotge von der Gemeinde Ritterhude.
Einer der Bürger, die sich die Mahnungen des Rats zu Herzen genommen haben, ist der Inhaber der Großbäckerei Rolf. Anlässlich der Expansion seines Betriebsgebäudes hat er auf dem Firmengelände unter den Verkehrsflächen Anlagen installiert, die einen Großteil des Regenwassers sammeln und anschließend direkt in den Boden versickern lassen. Die Anlage wird sich voraussichtlich nach 15 bis 20 Jahren amortisiert haben – bereits jetzt gibt sie dem Firmenchef aber das gute Gefühl, einen wichtigen Beitrag zur Klimaanpassung der Gemeinde geleistet zu haben.
Syke: Natürliche Überschwemmungsgebiete für die Hache
Auch die Kreissparkasse Syke hat sich des Themas angenommen und eine Notentwässerungsfläche auf ihrem Parkplatz angelegt, da er in einem besonders gefährdeten Areal liegt. Die Gemeinde – von 2010 bis 2012 eine von neun bundesweiten Modellkommunen für den Umgang mit dem Klimawandel – hat ebenfalls auf vergangene Überflutungen reagiert und den Bebauungsplan geändert, um einen gezielten Abfluss des Wassers aus der Hache zu gewährleisten. Ein Teil des betroffenen Geländes darf nun nicht mehr erhöht werden. Gleichzeitig müssen neue Bauten in einer Weise errichtet werden, dass sie im Erdgeschoss schadlos überflutet werden können.
Direkt an der Wurzel packen der Unterhaltungsverband Hache und der Nabu das Problem an: Sie renaturieren Abschnitte der Hache gemeinsam, um natürliche Überschwemmungsgebiete wiederherzustellen. Auf diese Weise kann bei Starkregen ein Großteil des Drucks von den Siedlungsflächen entlang des Flusses genommen werden. Gleichzeitig werden wieder Lebensräume für gefährdete Tierarten wie den Eisvogel oder das Neunauge geschaffen.
Die Kooperation des Unterhaltungsverbands mit dem Nabu ermöglicht es, leichter Geld für Projekte zu akquirieren, und bündelt auch das fachliche Know-how der Beteiligten. Unterstützt werden die beiden Organisationen einmal jährlich von Mitarbeitern der Brauerei Beck GmbH & Co. KG, die seit drei Jahren beim „Day of Caring“ zum Arbeitseinsatz kommen. Auch ein Weltjugendcamp wurde durchgeführt, um die Renaturierung voranzutreiben.